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Karl Jungklaaß (1812-1904)

Karl Friedrich Wilhelm Jungklaaß wird als ältester von drei Brüdern am 11.09.1812 zu Schwedt a. d. Oder geboren. Sein Vater, Dr. med. Ludwig Jungklaaß (1784—1825), vielgesuchter Arzt zu Schwedt, stirbt noch vor vollendetem 41. Lebensjahre. Kaum zwölf Jahre alt verliert also Karl seinen Vater. Vormund der minderjährigen Kinder wird der Justiz-Commissarius Luckwaldt in Schwedt. Nach insgesamt sechs Gymnasialjahren in Stettin erhält Karl am 18.04.1832 das Entlassungszeugnis und geht nach Halle zur Universität, an der sein Vater 1809 promoviert hatte. (Immatrikulationsurkunde AKADEMIA FRIDERICIANA HALENSI ET VITEBERGENSI vom 16.05.1832). Hier tritt er der Hallensischen Burschenschaft Germania bei, erhält das schwarz-rot-goldene Burschenband mit Datum 19.08. 1832 und nimmt auch am sogenannten „Hambacher Fest" teil (Volksversammlung auf dem Hambacher Schloß 1832, auf welcher die Volkssouveränität und ähnliche republikanisch-demokratische Ideen auch von studentischen Anwesenden ausgerufen wurden; der damalige Bundestag beschränkte daraufhin die Presse- und Versammlungsfreiheit). Am 28.10.1833 exmatrikuliert Karl in Halle, um sein Studium ab Wintersemester 1833/1834 in Berlin fortzusetzen, wo weltberühmte Gelehrte zu seinen akademischen Lehrern gehören u. a. C Ritter, Geographie, und Ranke, Geschichte). Im Winter 1834/1835 bricht das Studium ab; Karl wird verhaftet.
Andere „Demagogen", unter ihnen der spätere niederdeutsche Dichter Fritz Reuter (1810 — 1874), sind schon länger in Haft. Das Urteil des Kgl. Preußischen Kammergerichts vom 04.08.1836 auf „Tod durch das Beil" wegen Mitgliedschaft in einer „Hallenser hochverräterischen burschenschaftlichen Verbindung", hatte der König unter dem 11. 12. 1836 auch bei Karl in 30jährige Festungshaft abgeändert.
Die Festungen Magdeburg und Silberberg in Schlesien sind nun sein Aufenthalt (vgl. hierzu Fritz Reuters Brief vom 22.03.1838 an seine Freunde in Magdeburg nach seiner Ankunft in Graudenz in O. Weltzien: Fritz Reuters Leben in seinen Briefen, Leipzig 1913, S. 160 und 165).
Ein beredtes Bild vom Verlauf der sogenannten „Demagogen-Prozesse" und von der persönlichen Haltung des verurteilten ist Karls Gnadengesuchen an seinen König zu entnehmen. Am 26.03.1838 wird die Strafe auf 10 Jahre herabgesetzt. Es folgt nun Festung Graudenz, wo Karl die Casematte Nr 1 (Abbildung in „Vater Freimuths Familienkalender" Jahrgang 1897, Graudenz) mit Fritz Reuter teilt. Hier aquarelliert Reuter seinen Festungsgenossen (Porträt im Familienbesitz). Dann wird Karl nach Stettin überstellt, wo er unter dem berühmten Festungskommandanten v. Z e p e l i n (vgl. L. Fromm: Geschichte der Familie v. Zepelin, Schwerin 1876) am 10.08.1840 endgültige Begnadigung erfährt und 4 Tage später nach mehr als fünfjähriger Haft entlassen wird. In diese Zeit fällt ein schweres Augenleiden.
Sein preußischer Reisepaß, ausgestellt 12.07.1841 zum Zwecke einer Reise ins Elsaß, beschreibt Karl als 5 (preuß.) Fuß 8 Zoll groß (= 178 cm).
Zunächst Lehrer an der Höheren Töchterschule zu Stettin — anonyme politische Drohbriefe schelten ihn „feilen Buben" — kommt Karl mit dem Freundeskreis seines viel früher freigelassenen Festungsgenossen Reuter in Kontakt (vgl. das Bild vorn bei der Stammfolge). Einer dieser Freunde Reuters, der Kgl. Amtsrat Carl Ferdinand Wüstenberg aus Burow (V d) wird sein Schwiegervater. Am 04.10.1845 heiratet Karl in Golchen (Kr. Demmin) dessen zwanzigjähriges Töchterlein erster Ehe, Henriette Friederike Wilhelmine Auguste Wüstenberg, geb. in Clempenow (Kr. Demmin) am 14. 02.1825. Ihre Mutter war Anna Lisette A h l e r t verw. Fenzahn. Fritz Reuter zeichnet den Bräutigam 1845. Der berufliche Aufstieg erfolgt schnell. 1850 Kgl. Seminar- Direktor zu Steinau a. d. Oder, 1863 Roter-Adler-Orden 4. Kl., 1865 Regierungs- und Schulrat zu Bromberg. Als glänzender Redner steht Karl beruflich, bei vaterländischen Verbänden, auch in der Loge, im Lichte der Öffentlichkeit. Er ist glühender Patriot und ein Mann höchster Ehrauffassung. (Manuskripte und Zeitungsberichte sind z. T. erhalten.) Inzwischen Geheimrat geworden, tritt er 1899 in Liegnitz in den Ruhestand.
Im hohen Alter lebt Karl sehr zurückgezogen und verläßt seine Wohnung am Wilhelmsplatz nur selten. Die Goldene Hochzeit jedoch wird in der Loge gefeiert. Für seine Enkel ist Karl Respektsperson. Seine Frau, Tochter Anna und drei Mädchen wirtschaften. — Zu seinem 90. Geburtstag im September 1902, so berichten die Enkel, erscheinen studentische Corporationen, Abordnungen der Behörden und die Loge zur großen Gratulationscour. Der Jubilar, nun schon gehbehindert, im Rollstuhl, dabei ein weißgekleideter Pfleger. Als Karl schließlich erkrankt, wird das Straßenpflaster vor dem Hause mit Stroh belegt, um das Klappern der Pferdehufe zu dämpfen. — Seine Frau Auguste pflegt ihn bis zu seinem Tode zu Liegnitz am 03.04.1904 und stirbt selber wenige Tage darauf am 12.04.1904.
Damit dürfte Karl Jungklaaß der bei weitem älteste und letzte überlebende der „Festungsgenossen" gewesen sein (vgl. — falsch — bei O. Weltzien. a. a. O., 1913).
F. K. Jungklaaß

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